04.05.2025
Interview: Nachhaltige Transformation in Unternehmen
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Alexander Appel (LinkedIn) gestaltet als Manager Sustainability Transformation bei MHP – A Porsche Company die Dekarbonisierung internationaler Industriekunden. Als XDC Direct Access Member nutzt MHP dabei die Temperatur‑Alignment‑Kennzahl XDC von right°, um Finanz‑ und Klimadaten in durchgängigen IT‑Architekturen zusammenzuführen. Appel kombiniert tiefes Branchen‑ und Regulatorik‑Know‑how mit digitaler Umsetzungskompetenz.
Die Fragen stellt Hannah Helmke (LinkedIn), Mitgründerin und CEO des Frankfurter Climate‑Techs right°. Das mehrfach ausgezeichnete Unternehmen entwickelte das X‑Degree‑Compatibility‑Modell (XDC) und bietet damit Pionierarbeit für wissenschaftsbasierte Klimametriken, die Unternehmen ihren Temperaturpfad in Grad Celsius aufzeigen.
Du bist Berater und ziemlich viel unterwegs. So wie ich das mitbekomme, auch oft zu sehr unsäglichen Zeiten. Wenn du jetzt zum Beispiel nachts über die Autobahn düst, was geht dir da durch den Kopf?
In meinem Kopf dreht sich vieles um Nachhaltigkeit. Besonders beschäftigt mich die Frage: „Wie bekommen wir das wirklich hin?“ Was müssen wir verändern, damit nachhaltige Transformation gelingt? Dabei geht es um grundlegende Dinge: Wie gelingt die richtige Kommunikation? Wie entwickeln wir ein Selbstverständnis für Transformation? Das sind die Gedanken, die mich auch nachts intensiv beschäftigen – und auf die ich bislang keine endgültige Antwort gefunden habe.
Du begleitest zahlreiche Konzerne beim Aufbau von Steuerungssystemen für ihre Emissionen, wobei Du Innovationen aus dem IT-Bereich hebelst. Damit hast Du offensichtlich bemerkenswerte Fähigkeiten aufgebaut – von fachlichen Kenntnissen zu Emissionsquellen in diversen Industrien über wissenschaftsbasierte Klimametriken bis hin zu IT-Architekturen digitaler Durchlässigkeit und vor allem zum hoch-komplexem und völlig unterschätzten Stakeholder Management. Wie ermöglichen Dir diese Fähigkeiten, im aktuell doch sehr herausfordernden Umfeld für Nachhaltigkeitsberater erfolgreich zu sein?
Ich habe gelernt, Chaos anzurichten, große Zukunftsbilder zu entwickeln und gleichzeitig die Menschen auf dem Weg dorthin nicht allein zu lassen. Bei MHP begleiten wir nicht nur die Strategie, sondern setzen gemeinsam mit unseren Kunden auch um – insbesondere durch unsere IT-Kompetenz.
Wichtig ist es, die Sprache des Gegenübers zu sprechen und sich in seine Lage zu versetzen. Menschen agieren oft innerhalb ihrer Silos – ich sehe es als meine Aufgabe, mit einer offenen, verbindenden Kommunikation über den Tellerrand hinauszublicken. Stakeholder-Management wird unterschätzt, ist aber essenziell. Transformation scheitert oft daran, dass wir verlernt haben, einander wirklich zuzuhören.
Natürlich ist das ein Knochenjob. Erfolg hat man nur, wenn man im eigenen Team und auf Kundenseite Überzeugungstäterinnen und Überzeugungstäter findet, die aktiv mitgestalten wollen. Ohne sie funktioniert es nicht.
Was sind Überzeugungstäter?
Überzeugungstäter haben klare Werte und eine Vision, wohin sie wollen. Sie stehen auch bei externen Erschütterungen stabil. Sie setzen sich nicht für Nachhaltigkeit der Nachhaltigkeit willen ein, sondern es geht um die gemeinsame Lebensgrundlage und den Erhalt von Wohlstand auf diesem Planeten. Wer die Faktenlage kennt, sieht nicht nur die Tragik der Situation, sondern auch die Möglichkeiten, sie positiv zu beeinflussen. Überzeugungstäter lassen sich davon leiten und bringen so die nötige Veränderungsbereitschaft mit.
Wie steht es um die Veränderungsbereitschaft in unserer Gesellschaft?
Das zeigt sich deutlich in der regulatorischen Debatte: Die aktuellen Vorschriften sind eine direkte Antwort auf das lange Nichthandeln vieler Unternehmen. In Zeiten ständiger Krisen fällt es Unternehmen oft schwer, den Blick zu heben und die großen Fragen zu stellen: Womit verdienen wir in Zukunft unser Geld? Wie gestalten wir den Übergang? Viele versuchen, den Status quo zu bewahren – dabei lässt sich dieser längst nicht mehr erhalten. Die klimatischen und geopolitischen Veränderungen sind zu gravierend. Trotzdem richten viele noch immer den Blick zurück, statt mutig nach vorne zu schauen. Das ist nicht gut.
Wie fühlst Du Dich als junger Mensch, wenn Entscheider*innen, die die Zukunft wirklich prägen könnten, mit dem Blick nach hinten an ihrem Erfolgsmodell trotzig festhalten, das sich jetzt vielleicht als nicht mehr so toll erweist, wie sie das immer gedacht haben?
Ein bisschen fassungslos, ehrlich gesagt.
Was ist Deine Erfahrung mit Veränderungsbereitschaft?
Meine Familie führte über 120 Jahre lang ein eigenes Unternehmen. Dabei haben wir uns stets den Marktgegebenheiten angepasst: Ursprünglich handelten wir mit Landmaschinen, später betrieben wir eine Tankstelle, und danach entstand daraus ein Autohaus. Es ging nie darum, einfach nur neue Geschäftsfelder zusätzlich aufzubauen, sondern bewusst alte Modelle hinter sich zu lassen und sich konsequent neu auszurichten.
Deshalb kann ich die Ablehnung gegenüber Elektromobilität nicht nachvollziehen. Es ist fatal, externe Veränderungen zu ignorieren. Unternehmerisches Denken bedeutet für mich, frühzeitig zu erkennen, womit man auch in fünf bis zehn Jahren noch Wohlstand sichern kann – und dann entschlossen neue Wege zu gehen. Das habe ich in meiner Familie gelernt.
Heute fehlt mir diese Form von Unternehmertum oft in unserer Wirtschaft und speziell in der nachhaltigen Transformation. Statt echter Integration findet man häufig isolierte Teams, die von außen als „grüne Propheten“ bezeichnet werden. Sie bekommen ein bisschen Budget und sollen etwas bewegen, jedoch ohne Anbindung an den wirtschaftlichen Kern des Geschäftsmodells, ohne Integration in die relevanten Systeme – und oft auch ohne den notwendigen Unternehmergeist.
Trotz der beschriebenen Herausforderungen gehören einige der Carbon Controlling Systeme, die Du mit Deinem Team aufbaust, vermutlich zu den fortschrittlichsten Systemen, die bei deutschen Unternehmen für die Transition im Einsatz sind. Wie fühlt es sich an, an dieser Speerspitze zu arbeiten?
Es fühlt sich richtig gut an. Mit Hilfe von IT und den faktenbasierten XDC-Kennzahlen gelingt es uns, Komplexität zu reduzieren und den Weg Richtung 1,5 °C-Ziel greifbar zu machen. Wir zeigen, wie sich Klimakennzahlen konkret mit Finanzkennzahlen verknüpfen lassen – und machen damit Transformation verständlich. Genau diese Inspiration fehlt vielerorts noch. Man findet schneller Lösungen, als man denkt!
Was ist der Preis?
Eine hohe Frustrationstoleranz und starke Nerven. Aber auch das wird am Ende zu einem wertvollen Asset.
Wir lassen sich Pilotprojekte von der Speerspitze in die Breite bringen?
Da zitiere ich meine Frau, die im Maschinenbau arbeitet: „Never stop exploring.“
Was ist Deine Vision einer wirklich wertstiftenden Nachhaltigkeitsberatung?
Meine Vision ist eine Beratung, die zeigt, wie Unternehmen innerhalb der regulatorischen Leitplanken effizient ihren zukünftigen Wohlstand sichern. Mit modernen digitalen Tools heben wir Effizienzpotenziale, identifizieren Innovationsbedarfe und setzen diese auf Produkt- und Geschäftsmodellebene um. Dafür brauchen wir ein neues Beratungsverständnis: sogenanntes High Impact Leadership. Dabei verkaufen wir nicht Personentage, sondern konkrete, werthaltige Ergebnisse. Berater müssen sich viel stärker in den Kern eines Unternehmens hineinarbeiten, um echte Wertschöpfung durch nachhaltige Steuerungssysteme zu ermöglichen. Unternehmen bleiben, was sie sind: Sie produzieren Güter und Dienstleistungen – aber sie müssen dies in Zukunft besser und werthaltiger tun. Genau dafür stehe ich jeden Morgen auf.
MHP – A PORSCHE COMPANY ist #whatif Partner 2025 und XDC Direct Access Member. Zu #whatif 2025 und zum Profil von MHP bei XDC Direct Access.